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Philharmoniker Depot

11.10.12 Historischer Vergleich: Griechenland - Argentinien

von Michael Vaupel ...*** Beim gestrigen Thema Känguru-Anleihen schrieb ich: "Denn theoretisch könnte auch Griechenland eine Australdollar-Anleihe begeben. Und die fände ich dann keineswegs interessant, auch wenn sie in australischen Dollar notieren würde..."

In dem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass "auch Griechenland" seine Chance hat. Auch wenn es gerade sehr düster aussieht. Interessanterweise habe ich bis jetzt kaum einen Vergleich der jetzigen Situation Griechenlands mit der Situation Argentiniens vor rund 11 Jahren gelesen. Deshalb übernehme ich das hiermit.

Denn da sehe ich erstaunliche Parallelen. Im Jahr 2001 steckte Argentinien nämlich auch in ein Schuldenkrise, welche sich gewaschen hatte. Es gab dann auch Haushaltsvorgaben, zwar nicht von der EU, sondern vom IWF. Die damaligen Zahlen zum Staatshaushalt erwiesen sich dann aber - ähnlich wie jetzt - als noch schlimmer als befürchtet. Ende 2001 weigerte sich der IWF dann, eine Tranche von 1,25 Mrd. Dollar zu überweisen.

Es folgten Kapitalflucht (wie in Griechenland, wo Milliardenbeträge von den Banken abgezogen wurden!), Bankenzusammenbrüche, Vertrauenskrise - und Demonstrationen und Generalstreiks der Bevölkerung gegen den Sparkurs. Es gab dabei sogar leider Tote.

Es wurde dann eine "Auszahlungs-Obergrenze" für Abhebungen bei den Banken eingeführt. In der Hoffnung, so einen Zusammenbruch zu verhindern. Doch das beschleunigte nur den Vertrauensverlust. Im Dezember 2001 dann erklärte die argentinische Führung den Staatsbankrott (Zahlungsunfähigkeit des Staates). Und es wurde eine neue argentinische Währung eingeführt.

Da sah es absolut schwarz aus. Die neue Währung wollten die Argentinier möglichst schnell in den als sicher angesehenen Dollar tauschen. Wäre heute wohl auch nicht anders: Wenn Griechenland die Drachme einführen würde (das wäre in dem Fall die "neue Währung"), dann würden sehr viele Griechen diese Währung wohl schnell in die als sicher angesehenen Euros tauschen wollen. Damals verlor die neue Währung, der neue Peso, drastisch an Wert, erst 30%, dann 50% und noch mehr Prozent.

Finis Argentiniae, hätte man damals denken können. Und ähnlich scheint es ja heutzutage mit Griechenland auszusehen. Ich finde, die heutige Lage Griechenlands erinnert doch sehr an die damalige Lage Argentiniens.

*** Wie ging es dann weiter?

Ende 2001 war für Argentinien sozusagen der Tiefpunkt erreicht. Staatsbankrott, neue Währung im freien Fall, gewalttätige Demonstrationen und Streiks der Bevölkerung...

Da kann man eine "Quartalszahlen-Denke" auch vergessen. So eine Lage verbessert sich nicht innerhalb von Wochen oder Monaten. Da geht es um Jahre. So hatte auch Argentinien die folgenden beiden Jahre weiterhin massive Probleme.

Doch dann ging es aufwärts. Die massive Abwertung der neuen Währung hatte auch Vorteile. Genau, denn die Exportwirtschaft des Landes konnte aufatmen, ihre Produkte waren wettbewerbsfähiger geworden, die Exporte stiegen wieder.

Natürlich, die Preise stiegen stark, weil sich im Gegenzug die Importe verteuerten und das auf die Lebenshaltungskosten durchschlug. Das hatte aber auch Vorteile! Denn da viele Importgüter nun zu teuer geworden waren, um Absatz zu finden, wurden diese Güter nun verstärkt im eigenen Land hergestellt. Die Importe gingen zurück. Die Exporte stiegen. Es wurde mehr im Land produziert.

Das alles wirkte sich nach und nach aus, und auf einmal gab es wieder Wirtschaftswachstum, nach Jahren des drastischen Rückgangs. Dann ging es auf einmal wieder um 5%, 6% und noch mehr wieder aufwärts.

Und nun, ca. 11 Jahre nach der Krise? Damals hatte Argentinien seine Schulden bei privaten Gläubigern nicht zu 100% verfallen lassen, sondern teilweise eingefroren oder umwandeln lassen. Jedenfalls konnten diesen Spätsommer die letzten 2,2 Mrd. Dollar an die privaten Gläubiger zurückgezahlt werden. Es bleiben andere Schulden gegenüber Pariser Club etc., aber dieser eine Brocken ist nun weg.

Wirtschaftswachstum? 2010 über 9% Wachstum, 2011 ca. 8% Plus.

Argentinische Aktien? Mitten in der Krise notierte der argentinische Index Merval 25 bei unter 400 Punkten. Heute? Um die 2.500 Zähler.

Ich will damit nicht sagen, dass argentinische Aktien nun aussichtsreich sind. Was ich sagen will:

Ende 2001 hätte wohl kaum jemand einen "Blumentopf" auf Argentinien gesetzt. Staatspleite, gewalttätige Demonstrationen, Banken-Crash, neue Währung im freien Fall.

Nun, rund 11 Jahre später, sieht das Bild ganz anders aus.

Über den Tag hinaussehen! Strategisch denken! Griechenland könnte es auch schaffen. Nicht dieses Jahr und wohl auch nicht nächstes. Aber wenn es wie mit Argentinien wäre, dann könnte es ab Ende 2014 wieder aufwärts gehen. Und wer weiß, ob dann ein anderer newsletter einen ähnlichen Beitrag wie ich heute bringt, im Jahr 2023....

Mit herzlichem Gruß!

Ihr

Michael Vaupel

Diplom-Volkswirt / M.A.

Chefredakteur Traders Daily

Dieser Bericht wurde nicht geprüft. Für Richtigkeit der Angaben übernimmt Silbernews keine Haftung.
Quelle: http://www.investor-verlag.de

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