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Philharmoniker Depot

12.01.15 Über das Volksfinanzprodukt Nr. 1

Deutschland zählt rund 80 Millionen Einwohner. Wir sind eine sehr moderne und wohlhabende Gesellschaft. Rund 65 Millionen Bundesbürger nutzen ein Handy oder ein Smartphone. 43 Millionen Deutsche sind Besitzer eines Autos. Über 50 Millionen Menschen in Deutschland verfügen mittlerweile über Online-Bankkonten. 35 Millionen Deutsche sind heute bereits Inhaber einer Kreditkarte.

Deutschland ist das Märchenland der Versicherungs-Industrie

All diese Zahlen verblassen allerdings gegen die Anzahl der privaten Lebens- und Rentenversicherungsverträge. In Deutschland gibt es sage und schreibe 95 Millionen Kapitalversicherungsverträge. Allerdings mit weiter stark abnehmender Attraktivität und Sicherheit durch das neue Lebensversicherungsreformgesetz. Neben der Senkung des Garantiezinses zum 01.01.2015 von 1,75 auf 1,25 Prozent, der massiven Umverteilung von Bewertungsreserven zu Lasten der Versicherungsinhaber, sowie einer möglichen Ausschüttungssperre für Aktionäre hat auch der Verkauf von Lebensversicherungen über den Zweitmarkt seit Beginn diesen Jahres seine Vorteile verloren.

Deutschlands Herausforderungen liegen in der Biometrie und Demografie

Sehr interessant ist für mich der Aspekt, dass ich im Zusammenhang mit dem Lebensversicherungsreformgesetz zum ersten Mal seitens des Gesetzgebers einen Bericht gelesen habe, der nicht die Finanz- und Schuldendenkrise, das künstlich geschaffene Niedrigzinsumfeld oder die Probleme der Euro-Währungsunion als Begründung hernimmt, sondern die wirtschaftlichen Auswirkungen der Biometrie und Demografie.

Der Bundesregierung werden die biometrischen und demografischen Risiken mit ihren gravierenden finanziellen Auswirkungen für die Zukunft der Gesellschaft aus meiner Sicht immer bewusster. Die effizienten, weil nachhaltigen Maßnahmen um die Attraktivität der Altersvorsorge zu steigern fehlen allerdings in Deutschland. Eine langfristige Altersvorsorge muss nach meiner Überzeugung weit stärker auf Aktien und somit dem Eigentum an der realen Wirtschaft aufbauen, als auf Anleihen und Schulden der künstlichen Geldschwemme. Jahr für Jahr lese ich breit über alle Wirtschaftsmedien in regelmäßigen Abständen Berichte zur fehlenden Aktienkultur in Deutschland. Die Kritik ist dabei absolut berechtigt. Lediglich 8,9 Millionen Deutsche sind über Aktien oder Aktienfonds an den Kapitalmärkten investiert. Das entspricht einem Anteil von 13,8 Prozent der Bevölkerung.

45 Prozent der US-Amerikaner halten Aktien

Interessant sind diese eigentlich sehr traurigen Zahlen, wenn sie mit anderen Ländern oder Regionen verglichen werden. Die USA sind hier relativ wenig überraschend das Land der Privataktionäre. 45 Prozent der Bevölkerung hält Aktien. Blickt man auf Europa als gesamte Region ist festzustellen, dass hier die Aktionärsquote zwar deutlich geringer ist als in den USA, aber immerhin noch bei 24 Prozent liegt.

Japaner haben 12 Billionen Euro auf Sparkonten

In Japan hingegen ist die Aktionärsquote fast identisch niedrig wie in Deutschland. Lediglich 14 Prozent der Bevölkerung besitzen Aktien. Japaner lieben Spareinlagen. Auch hier gibt es deutliche Parallelen zu Deutschland. Umgerechnet 12 Billionen Euro haben die Bürger Japans bei Banken im Spareinlagenbereich veranlagt.

Das japanische Nisa-Programm wäre vorbildhaft für Deutschland

Allerdings reagiert Japan auf diese Rahmenbedingungen. Die Zahlen führten unlängst zu einem staatlichen Anreizprogramm der Regierung Japans, damit die Bevölkerung in Aktien investiert. Unter dem Begriff „Nisa“ läuft ein Gesetz, das es Privatanlegern ermöglicht, mit einem überschaubaren Vermögen Aktiendepots zu eröffnen. Als zusätzlichen Anreiz müssen die Teilnehmer des Nisa-Programms weder Steuern auf Dividenden, noch auf Kursgewinne bezahlen. Bis letztes Jahr durften Erwachsene ab 20 Jahren am Nisa-Programm teilnehmen.

Das Nisa-Programm wurde auf Kinder ausgeweitet

Die japanische Finanzaufsichtsbehörde FSA hat das Aktienkauf-Anreizprogramm vor kurzem weiter verstärkt. Eltern oder Großeltern können zukünftig für ihre Kinder oder Enkelkinder bis zu einem Alter von 19 Jahren Nisa-Konten eröffnen. Die Regierung plant dafür in einem Gesetzesvorhaben eine Steuerersparnis für Kinder in Höhe von umgerechnet 5.800 Euro jährlich einzuführen. Diese Summe gilt für alle Investitionen in Aktien oder Anlagefonds.

Ich finde das hervorragend, je jünger Anleger sind, desto höher können die Aktienquoten sein. Kein Risiko einzugehen ist in der Phase des Kapitalaufbaus ein weit höheres Risiko, nämlich das Risiko einer viel zu geringen Vermögensaufbaurendite. Ich finde, das japanische Nisa-Programm wäre eine vorbildhafte Maßnahme zur Förderung der Aktienkultur in Deutschland. Allerdings würde das die Probleme der deutschen Lebensversicherungs-Industrie noch weiter massiv verschärfen und die Stabilität des gesamten Lebensversicherungssystems in Deutschland zusätzlich gefährden.

Deutsche Lebensversicherungen: Ein weiteres Rettungspaket ist nur eine Frage der Zeit

Der so positiv klingende Begriff des Lebensversicherungsreformgesetzes ist nichts anderes, als ein Rettungsschirm für die deutsche Versicherungsindustrie. Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein weiteres Rettungspaket für die deutsche Kapitalversicherungsbranche notwendig wird. Den Zeithorizont für diese Prognose setze ich dabei auf kurz- bis maximal mittelfristig. Das bedeutet ein weiterer staatlicher bzw. eigentumsrechtlicher Eingriff wird auf Sicht von rund zwei Jahren erfolgen.

Herzliche Grüße

Markus Miller

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