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Philharmoniker Depot

10.12.14 Öl-Markt: Der Preisangriff der Saudis

Da die OPEC sich nicht auf geringere Förderquoten einigen konnte, sank der Ölpreis in den letzten Tagen rasant weiter. Das unglückliche, uneinige Bild, welches die Mitglieder dabei für mich abgaben, bedeutet aber nicht das Ende der OPEC. Die US-Shale-Öl-Produktion dürfte stärker betroffen sein, als dies jetzt allgemein erwartet wird. Der Saudische Angriff auf die unkonventionellen Wettbewerber wird daher seine Wirkung - wenngleich mit Verspätung - nicht verfehlen. WTI-Öl sollte deshalb schon im 2. Quartal 2015 schon wieder über 75 US$ je Barrel notieren.

Die offizielle Geschichte ist schnell erzählt: Da sich eine offenbar zerstrittene OPEC nicht auf eine Senkung der Förderquoten einigen konnte, verlor der Ölpreis in den vergangenen Tagen massiv an Boden. Ob der Ölpreis sich schon bald wieder erholen kann, hängt stark davon ab, welche Ziele die OPEC - bzw. der mächtigste Akteur Saudi-Arabien - mit diesem Schritt verfolgt.

Saudi-Arabien, USA, Russland, Iran...in der Realpolitik verschwimmen die Grenzen

Die Araber sind gute Pokerspieler auf dem geschäftlichen Parkett. Deswegen ist es auch so schwer, die wahren Motive der Saudis hinter der von ihnen beschlossenen Beibehaltung der Förderquoten genau zu erkennen. Im sinkenden Ölpreis ein geheimes Abkommen zwischen den USA und Saudi-Arabien zu sehen, ist zu einseitiges Verschwörungsdenken. Denn die Verbindungen zwischen Saudi-Arabien und den USA sind nicht mehr so fest und harmonisch wie gerne angenommen. Gleichermaßen sind sich Saudi-Arabien und Russland nicht so fern, wie man glauben möchte.

Saudi-Arabien und die USA: Ein Zweckbündnis mit Abschied auf Raten

Das Zweckbündnis zwischen Saudi-Arabien und den USA beruht auf zwei Komponenten. Die USA gewähren dem unglaublich reichen, aber nicht sehr mächtigen Königreich Saudi-Arabien Sicherheit gegen unberechenbare Nachbarn. Im Gegenzug verkauft Saudi-Arabien seine Öl-Barrel nur in Dollar. Dieses Zweckbündnis ist in der Vergangenheit schon häufiger über Gebühr belastet worden, so dass die Sympathie sich für den amerikanischen Partner durchaus in Grenzen hält.

In der Vergangenheit haben sich die USA häufiger politisch nicht so präsentiert, wie dies die Führungsriege in Saudi-Arabien gerne sehen würde. Entweder der große Partner positioniert sich nicht eindeutig genug (Syrien-Konflikt) oder gänzlich anders als gewünscht (Israel). Auch nimmt infolge des Shale-Booms die Abhängigkeit der Amerikaner vom saudischen Öl rapide ab.

Chinesen füllen die hinterlassene Lücke, aber man spricht auch mit Russland

Auf der anderen Seite werden die Asiaten immer wichtigere Handelspartner für saudisches Öl. Allen voran China, welches inzwischen zum größten Kunden Saudi-Arabiens aufgestiegen ist. Und China bringt handfeste, gern gesehene Entwicklungshilfe im Handgepäck mit. So haben beide Länder erst im August 2014 eine Kooperation zum Ausbau der nuklearen und erneuerbaren Energien in Saudi-Arabien vereinbart. Darüber hinaus bringen die Chinesen das saudische Königshaus nicht mit einer eigenen politischen Agenda, welche über die Sicherung von Energiereserven hinausgeht, in Verlegenheit.

Auch Russland, welches gerne als Hauptziel der saudischen Politik gesehen wird, besitzt einen engeren Draht zum saudischen Königshaus, als allgemein angenommen. Einer der wesentlichen Konfliktpunkte zwischen beiden Ländern ist die Unterstützung Assads in Syrien durch Russland. Wäre dieses Ärgernis aus der Welt geschaffen, beide Länder würden - zum Nachteil der USA - wohl schon längst viel engere Beziehungen unterhalten. Schon mehrfach - zuletzt im Sommer 2013 - haben Saudische Unterhändler dem Kreml Angebote für eine engere Zusammenarbeit unterbreitet. Diese waren aber immer an die Bedingung gebunden, dass Putin seine Unterstützung für Assad aufgeben müsse. Diesen Schritt wollte Putin bisher nicht gehen, würde damit seine Schwarzmeerflotte doch den wichtigen Stützpunkt im syrischen Tartus aufgeben müssen.

Aber immerhin, Saudi-Arabien und Russland sind im Gespräch. Gleichermaßen sind die Beziehungen zu den USA längst nicht mehr so wichtig und intensiv, wie sie es einmal waren. Unter diesen Bedingungen einen einseitigen Angriff der Saudis auf Russland im Sinne der USA zu unterstellen, würde den aktuellen Gegebenheiten nicht gerecht werden. Möglicherweise nimmt man den Druck auf Russland wohlwollend in Kauf, um die Verhandlungen über eine Zusammenarbeit fortzusetzen. Das Hauptziel der Preisattacke dürfte aber ein anderes sein: Die boomende US-Shale-Oil-Industrie.

Die Fracking-Industrie bedroht Saudi-Arabien

Die Fracking-Industrie in den USA ist für Saudi-Arabien gleich an zwei Fronten gefährlich. Aggregiert betrachtet handelt es sich bei der US-Fracking-Industrie um einen Marktteilnehmer, der ohne ökonomischen Sachverstand von einem Produktionsrekord zum nächsten strebt - und damit die Preise kaputt macht. Wer die Fracking-Industrie einmal im Detail betrachtet hat, der weiß: Diese können gar nicht anders, als immer weiter zu wachsen. Ein gefracktes Loch, das einmal fördert, verliert schon im ersten Jahr einen Großteil seiner Förderpower. Also ist die Industrie ständig auf der Suche nach neuen Quellen. Viele Player haben sich sogar so verschätzt, dass Sie (im besten Fall) gerade noch einmal ihr Investment aus den gefrackten Löchern zurückholen können. Freiwillig auf die Bremse treten, kommt für diese Unternehmen nicht in Frage. Diese Unternehmen MÜSSEN am Maximum fördern.

Neben dem steigenden Angebot ist aber auch die Öl-Unabhängigkeit der USA für Saudi-Arabien gefährlich. Erinnern Sie sich daran: Der einzige Grund, warum Saudi-Arabien in den 70ern auf den Petrodollar-Deal eingegangen ist, war Sicherheit. Ein kleines Königreich mit gigantischen Ölreserven weckt Begehrlichkeiten. Der Schutz der Amerikaner war also ein Angebot, welches man damals nicht ablehnen konnte. Doch Zeiten ändern sich - Russland oder China würden mit Begeisterung sofort einspringen und die Schutzfunktion übernehmen.

Was kostet das US-Öl: Der Großteil der unkonventionellen Öl-Quellen kostet die Betreiber 60 bis 80 US$ je Barrel. Erst darüber erzielt man Gewinne Quelle: Barclays Research, ZeroHedge.com

Saudi-Arabien kann sich also sicher genug fühlen, die neu entstandenen Wettbewerber in den USA anzugreifen. Wie die Grafik zeigt, kommen die Produzenten in vielen Shale-Plays schon aktuell in Schwierigkeiten.

Shale-Boom wird sich abkühlen und der Ölpreis wird sich im 1. Halbjahr 2015 normalisieren

Schon im Oktober waren die ersten Auswirkungen niedrigerer Preise zu spüren: Die eingegangenen Anträge für neue Öl-Bohrungen gingen über die 12 bedeutendsten Shale-Plays insgesamt gerechnet um 15% zurück. Nachdem sowohl der Thanksgiving-Truthahn als auch der erste Schock verdaut wurde, dürften die Budgets und Planungen für 2015 weiter zusammengestrichen werden.

Alleine die Nachrichten darüber, dass der Shale-Boom sich abkühlt, dürften dabei helfen, den Ölpreis wieder zu stabilisieren. Neue Hochrechnungen (diese müssen nach einer Revision sämtlicher Planungen zwangläufig kommen) über den zukünftigen Shale-Play-Output dürften dann dafür sorgen, den Ölpreis auch wieder zu normalisieren. Ich erwarte hier keinen schnellen Run auf 100 US$ je Barrel mehr. Diese Preise waren in der Tat zu hoch. Ein Ölpreis zwischen 75 und 85 US$ im 1. Halbjahr 2015 ist aber durchaus denkbar.

Wenn Sie mit dieser Prognose übereinstimmen, sind zahlreiche (konventionelle) Ölproduzenten auf dem aktuellen Ausverkaufsniveau plötzlich wieder perspektivisch interessant. Eilig haben Sie es in diesem Segment aber nicht. Deshalb warte ich bei Rohstoff Investor auf Besserungstendenzen im 1. Quartal 2015 - um dann bei ausgewählten Aktien mit deutlich weniger Risiko gezielt zuzuschlagen.

Herzliche Grüße

André Doerk, Chefredakteur Rohstoff Investor

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Quelle: http://www.investor-verlag.de

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