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Philharmoniker Depot

11.07.15 China im freien Fall – kommt der nächste große Crash?

Vergessen Sie mal kurz Griechenland und die Probleme der Eurozone. Denn aktuell ist vor allem ein weiterer Faktor für sinkende Aktienkurse und Rohstoffpreise verantwortlich: eine starke Korrektur an Chinas Aktienmarkt. Um fast 30 % war der chinesische Aktienmarkt in den letzten 4 Wochen eingebrochen, bevor Pekings Gegenmaßnahmen am Donnerstag die chinesische Börse wieder ins Plus drehten.

Und China ist nicht Griechenland. Die chinesische Volkswirtschaft ist kaufkraftbereinigt die stärkste der Welt. Die Angst vor einer Ansteckung und einem weltweiten Crash, welche zuletzt immer stärker wurde, ist also nicht aus der Luft gegriffen. Doch es gibt auch Anzeichen, die dafür sprechen, dass der schlimmste Abverkauf an Chinas Börsen nun wirklich vorbei sein könnte.

Chinas Aktienmarkt ist eine Spielwiese der Privatanleger

An den Rohstoffmärkten gehören große Spekulanten zu den wichtigsten Marktteilnehmern. Auch an den meisten westlichen Aktienmärkten tummeln sich weitaus mehr institutionelle Anleger als Privatinvestoren. Doch Chinas Aktienmarkt ist grundlegend anders. Das mag daran liegen, dass dieser erst seit Ende des vergangenen Jahres ein wenig weiter für ausländische Investoren geöffnet worden ist. Doch Tatsache ist, dass an Chinas Aktienmarkt vorwiegend Privatinvestoren unterwegs sind.

Rund 80 % des Handels an den chinesischen Börsen wird durch Privatinvestoren getätigt. Allerdings muss man auch da unterscheiden, denn nicht jeder Chinese steht auf Börse. Vielmehr handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der gehobenen Mittel- bis Oberschicht - solche die immer etwas Geld übrig haben um Luxusautos und - Uhren zu kaufen, nach New York oder London zu reisen, sich in Sydney nach einer Sommerresidenz umzusehen oder eben am Aktienmarkt zu spekulieren. Betroffen sind laut Schätzungen des Finanzdienstleisters GaveKal vermutlich nicht mehr als 20 - 30 Millionen Haushalte. Angesichts von 1,4 Milliarden Menschen eine vergleichsweise geringe Zahl. Der Durchschnittschinese steht im Übrigen eher auf Sparkonten, Versicherungen und Gold - ein bisschen wie die Deutschen eben.

Insgesamt stehen Aktieninvestments in China durchschnittlich gerade einmal für weniger als 15 % der Portfolios in chinesischen Haushalten

Quelle: HSBC

Wie Sie anhand dieser Grafik erkennen können, schwören die Chinesen in erster Linie auf Sparguthaben und Cash.

Wird das kreditfinanzierte Spekulieren zum Problem?

Um 117 % ist der Shanghai Composite Index in den letzten 8 Monaten gestiegen, bevor er dann um 27 % einbrach. Was die Kurse seit letztem Jahr so massiv in die Höhe getrieben hatte, ist weniger die weitere Öffnung der Märkte für Ausländer, sondern vor allem ein hausinterner Boom. Von überaus geringen Bewertungen waren die chinesischen Aktien Ende letzten Jahres gestartet und die Chinesen begannen aufzuspringen. Irgendwann begann sich der Trend dann zu verselbstständigen und wurde noch dadurch zusätzlich befeuert, dass die Privatinvestoren zunehmend den kreditfinanzierten Kauf für sich entdeckten.

Das Volumen der Margin Trading Accounts in China hatte sich innerhalb von ein paar Monaten fast verfünffacht

Quelle: BoA/Merrill Lynch

Wenn Privatanleger fremdes Geld an der Börse einsetzen, um einen möglichst hohen Hebeleffekt zu nutzen und dabei auf hohe Gewinne spekulieren ist das nie gut oder nachhaltig und führt in der Regel schneller als einem lieb ist zu einer Korrektur.

Doch wie Sie an der Grafik oben erkennen können, ist das Volumen der kreditfinanzierten Positionen bereits deutlich zurückgekommen und entspricht überdies mit gerade einmal 1,6 Billionen Yuan (237 Milliarden EUR) lediglich knapp 6 % der gesamten Marktkapitalisierung des chinesischen Aktienmarktes. Somit sind diese Positionen nicht mal annähernd groß genug, um einen Zusammenbruch des Marktes auszulösen.

Auswirkungen auf die Realwirtschaft dürften gering sein

Trotzdem haben neben den chinesischen Aktien zuletzt auch andere asiatische Aktienmärkte korrigiert - zudem gerieten auch Rohstoffpreise und zum Beispiel deutsche Autobauer unter Druck. Nicht ganz von ungefähr geht die Angst um, dass der Kurssturz an Chinas Börsen auch die Konjunktur unter Druck bringen könnte.

Nun aktuell ist es vor allem die gehobene Mittel- und Oberschicht, welche die Verluste zu verkraften hat. Das bedeutet, mit einem rückläufigen Absatz von Luxusgütern, wie zum Beispiel auch deutschen Autos ist durchaus zu rechnen. Doch der durchschnittliche Chinese aus der Mittelschicht wird trotzdem weiter essen gehen, ein neues Handy brauchen und sich einen Kühlschrank kaufen.

Peking stoppt Preisverfall

Peking versuchte in dieser Woche mit allen Mitteln die Kurskorrektur an den Börsen aufzuhalten und vor allem die Panik an den Märkten einzudämmen, die in allererster Linie für die massiven Abverkäufe verantwortlich ist.

Dazu hat Peking 73 Milliarden USD bereitgestellt, ermutigt Finanzinstitutionen wie Börsenmakler zum Kauf von Aktien, stellt diesen dafür sogar Liquidität bereit, hat den Markt nun auch für Versicherungen geöffnet und den Handel bei fast der Hälfte aller Aktien, vor allem kleinere bis mittlere Werte, ausgesetzt.

Das Problem hierbei: da der Handel mit kleinen Titeln ausgesetzt ist, bleibt den Anlegern nur noch der Verkauf von großen Standardtiteln. So werden auch die Kurse von kerngesunden Großkonzernen unter Druck gesetzt..

Zwar betrachtet man im Ausland die Maßnahmen als Rückschritt im Liberalisierungsprozess, hat nun Angst, dass die Risiken, sich von den Privathaushalten auf systemisch wichtige Finanzinstitutionen übertragen. Doch das ist eher unwahrscheinlich, zumal es Peking schließlich am Donnerstag gelungen ist, den Kursrückgang aufzuhalten. Freilich mit radikalen Methoden - so müssen nun Anteilseigner, die mehr als 5 % an einem Unternehmen halten, mindestens 6 Monate warten, bis sie diese veräußern können.

Im Endeffekt bleibt fest zu halten: Nein, die Risiken sind nicht dazu angetan, die chinesische Wirtschaft zu stürzen (von einem temporären Konsumrückgang vor allem im gehobenen Bereich vielleicht einmal abgesehen), da das Risiko hauptsächlich bei Privatinvestoren der gehobenen Mittel- und Oberschicht liegt und überdies überschaubar ist. Doch sollten die Rettungsmaßnahmen Pekings mittelfristig verpuffen, könnte der chinesische Aktienmarkt einen echten Vertrauensschaden erleiden, was dann eine Kettenreaktion in Gang setzen könnte. In Verbindung mit dem politischen Risiko durch Griechenland könnte eine überaus starke Phase der Risikoaversion einsetzen, was sich in weiteren Kursverlusten auch an den weltweiten Börsen und Rohstoffmärkten manifestieren könnte. Panik ist eben leider nie ein guter Ratgeber.

So long liebe Leser...Ein Gutes lässt sich allerdings mitnehmen: Schon jetzt sind chinesische Aktien wieder so günstig wie seit Monaten nicht mehr und mit KGVs von 15-16 wieder ordentlich attraktiv....im Moment besteht zwar keine Eile (siehe vorhergehender Abschnitt), aber im Augen behalten darf man das dennoch...;-)...damit verabschiede ich mich für diese Woche und wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und uns allen mal ein Wochenende ohne Griechen-Drama...liebe Grüße...

Ihre Miriam Kraus

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Quelle: http://www.investor-verlag.de

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