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Philharmoniker Depot

21.03.13 Was bedeutet das Zypern-Drama für die Märkte?

von Sven Weisenhaus ...seit Tagen beherrscht Zypern die Schlagzeilen und das politische Geschehen. Ich habe mich in dieser Zeit ganz bewusst mit Kommentaren dazu zurückgehalten. Doch mir ist in inzwischen wiedereinmal etwas bewusst geworden, weshalb ich das Thema nun doch aufgreife.


Zypern ist nun die nächste Sau, die durchs Dorf gejagt wird

Vielleicht erinnern Sie sich an meinen letzten, doch recht kritischen Beitrag vom Mittwoch der vergangenen Woche, in dem ich über den Medienhype zum Thema Gold schrieb, den es vor einigen Jahren auch genau in dieser Dimension zum Ölpreis gab. Darin gab ich an, dass immer wieder Säue durchs Dorf gejagt werden und dann Anleger in diesen Hype hineingezogen werden.

Das Thema Zypern ist sicherlich nicht direkt mit dem Hype um Gold oder Öl vergleichbar, sehr wohl aber mit den sprichwörtlich immer neuen Säuen, die durchs Dorf gejagt und dann medial ausgeschlachtet werden. Zuletzt war dies die Papstwahl, nun ist es eben Zypern.


Noch ist in Zypern nichts beschlossen!

Das dramatische daran ist sicher nicht, dass dies überhaupt thematisiert wird. Das dramatische daran finde ich, dass jedes noch so kleine Gerücht so behandelt wird, als wäre es schon beschlossene Sache.
Es gibt und gab zwar einige Pläne, die in Zypern umgesetzt werden sollten und gegen die es sich auch lohnte zu protestieren, doch noch ist eben nichts beschlossen. Dies sollte man immer bedenken, wenn man sich über ein solches Thema unterhält.


Haben die massiven Proteste die Umsetzung verhindert?

Nun kann man sich natürlich darüber streiten, ob es ohne die vielen sinnvollen Proteste oder ohne die ganzen Berichterstattungen nicht doch zur Umsetzung des Plans gekommen wäre. Man weiß es aber nicht und wird es wohl auch nicht erfahren.


Menschen werden ganz bewusst verunsichert

Doch was habe ich in den letzten Tagen nicht wieder für einen Mist lesen müssen. Es ist schon irre, was alleine Pläne und Gerüchte schon für einen "Shitstorm" auslösen können. Und es ist schier unglaublich, wie sich die Medien und die Menschen auf solche Themen stürzen.

Richtig dramatisch fand ich aber auch eigentlich nur die Ausläufer des eigentlichen Themas: Zum Beispiel wurden natürlich über entsprechende Berichte auch wieder die deutschen Sparer ganz bewusst verunsichert. Da wurde gefragt: Sind die Gelder auf Konten in Deutschland denn überhaupt sicher? Wenn man so eine Frage stellt, verkauft sich die Auflage natürlich besser, weil man damit einen persönlichen Bezug herstellt. Doch es trägt nicht gerade dazu bei, die Verunsicherung, die der eigentliche Auslöser der Krise war, zu bekämpfen.


Bankkunden sollten am Rettungspaket beteiligt werden

Doch worum ging es eigentlich? Am Wochenende wurde von der Euro-Gruppe beschlossen, dass die Bankkunden in Zypern am Rettungspaket für das Land beteiligt werden sollen. Dabei hieß es zunächst, alle Vermögen unter 100.000 Euro mit einer Zwangsabgabe von 6,75 Prozent zu belasten. Wer mehr als 100.000 Euro besitzt, sollte 9,9 Prozent berappen. Diese Zwangsabgabe sollte 5,8 Milliarden Euro einbringen - und war bzw. ist nach wie vor Bedingung der Euro-Partner für Kreditzusagen im Umfang von 10 Milliarden Euro.


Ungerechte Enteignung

Die so ausgestaltete Enteignung der Bankkunden war allerdings auch in meinen Augen weder gerecht, noch war sie offensichtlich für den Frieden im Land und in Europa förderlich. Und so hieß es dann später auch folgerichtig, dass die Kleinsparer geschont werden sollen. Natürlich war auch dies nicht viel gerechter, weil nach wie vor auch Unschuldige bestraft worden wären.


Im Kampf gegen Schwarzgeldkonten

Die Zwangsabgabe hatte nämlich ursprünglich wohl folgenden Hintergrund: Laut Medienberichten soll Zypern ein Paradies für russische Schwarzgeldanleger sein. Schätzungen besagen, dass rund ein Drittel (!!!) der Bankeinlagen aus Schwarzgeld bestehen. Vor diesem Hintergrund wäre die Zwangsabgabe sogar durchaus sinnvoll, beträfe aber eben auch zu zwei Dritteln Unschuldige.


Rettungspaket ist im Parlament auf ganzer Linie durchgefallen

Zum Glück ist das so geschnürte Rettungspaket samt der umstrittenen Zwangsabgabe auf Bankguthaben im Parlament des kleinen Inselstaates auf ganzer Linie durchgefallen. 36 von 56 Abgeordneten stimmten dagegen, 19 enthielten sich der Stimme und eine Abgeordnete war erst gar nicht anwesend. Es gab also keine einzige Ja-Stimme.

Nach dem "Nein" des Parlaments muss Zypern nun einen alternativen Plan zur Finanzierung dieser Einnahmen vorschlagen, um die drohende Staatspleite abzuwenden. Das eigentliche Grundproblem: Zypern benötigt kurzfristig 17 Mrd. Euro.


Was war der wirkliche Hintergrund?

Es gibt aber auch ganz andere Vermutungen hinter den Absichtserklärungen bzgl. des Enteignungsplans. Vielleicht war die Ganze Aktion einfach nur ein Warnschuss Europas. Das deutliche Veto gegen die Zwangsabgabe könnte ein Indiz dafür sein, dass es sich bei dem Plan lediglich um eine taktische Aktion handelte. Sicherlich werden nun Inhaber von Schwarzgeldkonten mehrfach überlegen, ob ihre Einlagen auch in anderen Ländern nicht vielleicht einmal eingezogen werden könnten.

Ein anderer Plan könnte gewesen sein, dass die Sparer ihre Guthaben abheben und statt auf Bankkunden in den Konsum stecken. Damit würde die zyprische Wirtschaft unterstützt und die dortige Krise auf diesem Wege bekämpft.


Die Gerüchteküche brodelt

Es gibt wohl noch unzählige weitere Varianten, wie man über das Rettungspaket spekulieren könnte. Und daher macht es für mich keinen Sinn, in der Gerüchteküche mitzumischen. Für mich und für Sie als Anleger oder Trader sollten nur Fakten zählen. Gerüchte können lediglich kurzzeitige Kursbewegungen auslösen.


Märkte zeigen immer wieder Stärke

Politische Börsen haben meist sehr kurze Beine. Und daher stehen Märkte wie der Dow Jones auch nach kurzen Abschlägen immer wieder zügig vor neuen Allzeithochs und auch der DAX erholte sich zuletzt stets wieder sehr schnell von seinen Verlusten.


Neben den Aktienmärkten steigt leider auch die Verunsicherung

Eines wurde mit dem ganzen Hin und Her allerdings (leider) erreicht: Den "Bank Run" auf zyprische Banken, der sicherlich in keinster Weise zu einer finanziellen oder wirtschaftlichen Stabilität des Landes beiträgt, wird es sicherlich nun in jedem Fall geben wird, sobald die Banken wieder ihre Geldautomaten oder Filialen öffnen. Denn die Anleger in Zypern sind nachhaltig verunsichert worden. Und daran ist die Art der Berichterstattung sicher nicht ganz unschuldig.

Was mich als deutscher Staatsbürger allerdings am meisten nervt, ist die Beschuldigung Deutschlands von Seiten der Bevölkerung in den Südländern, an der ganzen Misere Schuld zu sein. Die Menschen dort sollten nicht vergessen, dass wir (Europäer) eigentlich nur den Scherbenhaufen zusammenkehren, den die dortigen Regierungen verursacht haben.


Ausblich auf die Märkte unverändert

Um nun noch den Bezug zu den Märkten zu bekommen: An den charttechnischen Analysen, die ich hier im Wave Daily vorgenommen habe, und an den Erwartungen an die zukünftige Entwicklung der verschiedenen Märkte hat sich durch die Zypern-Story nichts, aber auch gar nichts geändert. Lassen auch Sie sich also bitte nicht verunsichern!


Wie eng ist die Weltwirtschaft mit Zypern verknüpft?

Dramatisch könnte es erst am kommenden Dienstag werden. Denn dann stehen die Banken Zyperns vor dem Kollaps. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach dem Scheitern des Rettungspaketes heute angekündigt, ihre Nothilfe nur bis einschließlich Montag zu garantieren. Danach würden die Gelder nur noch fließen, wenn ein Rettungsplan von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Kraft sei, der die Solvenz der Banken sichere.

Das zyprische Bankensystem gilt mit Einlagen von 70 Milliarden Euro - bei einer Wirtschaftsleistung in Zypern von nur rund 18 Milliarden Euro - als extrem aufgebläht.

Kommt es also zu dem von mir erwarteten Run auf die Banken (die Banken öffnen frühestens am Dienstag), dann wird sich zeigen, wie eng die Weltwirtschaft tatsächlich mit dem angeblich systemrelevanten Zypern verknüpft ist.

Dann würde sich auch zeigen, ob das Parlament mit dem "Nein" zum Rettungspaket nicht doch zu hoch gepokert hat. Die EZB zumindest scheint nicht erpressbar. (Man hatte Zypern vorgeworfen, Europa erpressen zu wollen.)


Ich wünsche Ihnen gute Gewinne
Sven Weisenhaus

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Quelle: http://www.investor-verlag.de

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